Wenn die seele hilfe braucht | Magazin ARTISET |10-11-2023

ARTISET 10/11 I 2023 9 Im Fokus Der demografische Wandel hat eine Zunahme psychiatrischer Erkrankungen bei älteren Menschen zur Folge. Egemen Savaskan* von der Alterspsychiatrie der Universitätsklinik Zürich erläutert die Krankheitsbilder – und macht sich stark für nicht-pharmakologische Therapien. Dafür braucht es Weiterbildungen der Pflegenden und eine Zusammenarbeit mit der Alterspsychiatrie. Interview: Elisabeth Seifert « Viele Heime nützen nicht-pharmakologische Therapien zu wenig» Herr Savaskan, psychiatrische Diagnosen in der Bevölkerung nehmen generell zu: Wie beschreiben Sie den psychischen Gesundheitszustand von Menschen ab 65 Jahren? Man kann nicht sagen, dass psychiatrische Erkrankungen bei alten Menschen zunehmen. Man kann aber sagen, dass die Menschen heute länger leben, wodurch es immer mehr ältere Menschen gibt. Das führt zu einer höheren Zahl psychiatrischer Krankheitsbilder in dieser Altersgruppe. Es gibt also eine durch den demografischen Wandel bedingte Zunahme an psychischen Erkrankungen bei älteren Menschen? Ja, genau. In der Gruppe der betagten und hochbetagten Menschen haben wir es zudem mit spezifischen psychischen Krankheitsbildern zu tun. Ganz besonders sind hier die verschiedenen Arten von Demenz zu nennen. Solche kognitiven Störungen treten vor allem im Alter auf. Demenzerkrankung ist eine globale Hirnerkrankung, das heisst, verschiedene Systeme im zentralen Nervensystem sind betroffen. Deshalb treten mit Demenz eine Vielfalt von psychiatrischen Symptomen auf. Demenzerkrankungen führen also nicht nur zu Gedächtnisproblemen oder kognitiven Störungen? Demenzprobleme stellen ein grosses Problem dar, weil sie eben eine Reihe von psychiatrischen Symptomen zur Folge haben. Man spricht hier von den sogenannten BPSD-Symptomen, den Behavioural und Psychological Symptoms of Dementia. Dazu zählen Apathie, Agitiertheit, Angst, Depressivität, Halluzinationen und Wahnvorstellungen sowie Verhaltensstörungen in Form von motorischer Unruhe, unangemessenem Verhalten, sexueller Enthemmung und verbaler oder körperlicher Aggression. Wie oft kommt es zu diesen zusätzlichen Symptomen? Studien zeigen, dass praktisch alle Demenzerkrankten mindestens ein zusätzliches Symptom entwickeln und zum Teil auch weitere. Die Hälfte der Demenzerkrankten hat eine Depression. Eine solche Depression entwickelt sich oft zu Beginn einer Demenz. Wenn ein älterer Mensch zum ersten Mal in seinem Leben eine Depression entwickelt und zu uns in die Memoryklinik oder in die Alterspsychiatrie kommt, dann nehmen wir alle Demenzabklärungen vor. Was unternehmen Sie dann in solchen Fällen? Gegen die Demenz an sich können wir noch immer nichts machen, wir können aber die Begleitsymptome

RkJQdWJsaXNoZXIy MTY2MjQyMg==