Fachkräfte gewinnen und behalten

ARTISET 04/05 I 2023 21 «DARUM ARBEITE ICH GERNE HIER» Fachkräfte erzählen Organisationen im Gesundheitswesen buhlen um Pflegepersonal. Sie werben mit attraktiven und familienfreundlichen Arbeitsbedingungen. Mitarbeitende wünschen sich aber weit mehr: Wertschätzung und ein gutes Arbeitsklima zählen ebenso sehr, wie ein Besuch im Lindenhof im aargauischen Oftringen zeigt. Von Monika Bachmann Kurz nach Sonnenaufgang beendet Yvonne Ruf ihre Nachtschicht im Lindenhof. Sie zieht die Berufskleidung aus, packt ihre Tasche und fährt mit dem Lift ins Erdgeschoss. Im Entree steigt ihr der Duft von frisch gebackenem Brot in die Nase. Die hauseigene Bäckerei hat gewirkt. «Am Sonntagmorgen hole ich mir jeweils einen Zopf, bevor ich mich auf den Heimweg mache», sagt die diplomierte Pflegefachfrau. Sie schätze es, diesen im Haus beziehen zu können. Als Mitarbeiterin hat Yvonne Ruf auf alle Produkte, die sie bei ihrem Arbeitgeber kauft, zwanzig Prozent Rabatt. Das gilt auch für interne Dienstleistungen, beispielsweise medizinische Massagen oder Trainings im Fitnessraum. Und wenn sie zum Frühdienst antritt, darf Yvonne Ruf, wie alle anderen Mitarbeitenden, kostenlos und à discrétion frühstücken. Auch die Parkplätze vor demHaus stehen den Arbeitnehmenden kostenlos zur Verfügung. Dies sind einige Vorteile, die der Lindenhof seinem Personal bietet. Sie zeugen von einer Philosophie, die in der Organisation verankert ist: «Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt», sagt Isabelle Kuhn, stellvertretende Geschäftsführerin und Bereichsleiterin HR. Dieser Slogan ist im Gesundheitswesen oft zu hören. Deshalb folgt eine Präzisierung: «Unsere Mitarbeitenden sind auch unsere Kundinnen und Kunden», hält Isabelle Kuhn fest. Wer in diesem Haus arbeitet, soll rundum zufrieden sein. Verlässlicher Arbeitgeber Sie nennen sich «Lindenhöfler», die Mitarbeitenden. Einige von ihnen kleben das Logo ihres Arbeitgebers aufs Auto oder tragen privat eine Jacke, die mit dem grünen Lindenbaum versehen ist. Ein Verhalten, das von Identifikation zeugt. An den Anstellungsbedingungen alleine dürfte dieses Bekenntnis nicht liegen. Beim Gehalt orientiert man sich an den gängigen kantonalen Vorgaben – das gilt auch für das Pflegepersonal. Und die Arbeitszeit liegt mit 42 Stunden pro Woche im Durchschnitt. Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden hängt im Wesentlichen von anderen Faktoren ab, zum Beispiel vom Arbeitsklima. Yvonne Ruf, die bereits ihre Ausbildung zur Fachfrau Gesundheit imHaus absolviert hat, bezeichnet die Atmosphäre als «familiär», man tausche sich aus und höre sich gegenseitig zu; und zwar nicht nur im Team, sondern auch mit anderen Berufsgruppen. «Es ist ein Miteinander», findet sie. Die 29-Jährige hat zudem die Erfahrung gemacht, dass man sich auf den Arbeitgeber verlassen darf. Als Lernende hatte sie gesundheitliche Probleme, musste sich einer Hüftoperation unterziehen und fiel lange aus. Die Ausbildung sei «auf der Kippe» gestanden, erzählt sie. Es gab viele Gespräche, und man fand Lösungen. «Ich habe hier grosse Unterstützung erfahren und konnte die Lehre mit einem Jahr Verspätung abschliessen», erzählt Yvonne Ruf. Ein Coach für persönliche Anliegen Begriffe wie Wahrnehmung und Wertschätzung werden im Lindenhof nicht nur grossgeschrieben, sondern auch gelebt. Krankheitsmeldungen landen stets auf dem Tisch von Geschäftsführer Ralph Bürge. Er schenkt ihnen Beachtung. Sobald die betroffene Person zurück am Arbeitsplatz ist, erkundigt er sich persönlich nach deren Befinden. Das gilt auch für Eltern, die wegen erkrankter Kinder abwesend waren. Der Lindenhof bezeichnet sich als «familienfreundlicher Betrieb», der mit einer eigenen Kita sowie einemHort Akzente setzt. Auf Anliegen und Fragen von Arbeitnehmenden wird eingegangen. Die Bürotüre der HR-Verantwortlichen ist stets offen: «Wir sind für die Leute da, und sie suchen uns täglich auf», heisst es. Eine weitere Dienstleistung bietet ein interner Coach. Mitarbeitende können ihn sowohl bei beruflichen Fragen oder Konflikten kontaktieren als Zufriedene Mitarbeitende tragen wesentlich zur Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner bei. Foto: Lindenhof

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