Magazin ARTISET_9-2022_Politische Partizipation

20 ARTISET 09 I 2022 Die aktive Teilnahme am politischen Leben kann zur Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität von Menschen im Alter beitragen. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie, an der insbesondere Westschweizer Pflegeheime teilgenommen haben. Sie schliesst an andere Studien und Projekte zum Thema Stimmrecht für Betagte in Pflegeheimen an. Diese liegen jedoch bereits rund 15 Jahre zurück. Von Anne-Marie Nicole «Das Leben endet nicht an der Tür zum Pflegeheim» «Wir haben regelmässig Abstimmungsmaterial im Abfall gefunden. Die einen wollten es nicht, andere legten es mit der Erklärung zur Seite, dass ihre Angehörigen für sie abstimmten», erinnert sich Sabine Udry Dumoulin, Aktivierungsfachfrau Gerontologie in der Résidence Mandement im Herzen des Dorfes Satigny GE. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen stellen fest, dass Betagte nach dem Heimeintritt oft keine Lust mehr haben, sich mit Kandidierenden zu befassen oder Entscheidungen zu treffen. Die Bewohnerinnen und -bewohner selbst zweifeln manchmal an der Legitimität ihrer Stimmabgabe. «Wozu abstimmen, die Welt dreht sich auch ohne mich weiter.» Diese von Sabine Udry Dumoulin rapportierten Worte bringen ein Gefühl zum Ausdruck, das vielen Heimbewohnenden gemeinsam ist. Angst vor dem Vorwurf der Beeinflussung Hinzu kommt die Rechtsunsicherheit, die rund um das Stimmrecht von Betagten im Heim herrscht und oft auch die Pflegeteams in Verlegenheit bringt. Diese machen sich Gedanken über den Sinn, Personen mit kognitiven Störungen das Abstimmungsmaterial auszuhändigen. Aus Angst vor dem Vorwurf der Beeinflussung zögern sie, den Betagten beim Ausfüllen des Stimmzettels zu helfen, oder sie fühlen sich nicht kompetent genug, umdie Abstimmungsvorlagen zu erklären. Auch Sabine Udry Dumoulin selbst fühlte sich nicht in der Lage, alle Fragen zum Abstimmungsverfahren oder zu den Abstimmungsthemen zu beantworten. «Zudem ist es sehr schwierig, bei den Erklärungen neutral zu bleiben. Und Neutralität ist aus ethischer Sicht unabdingbar. Es braucht also unparteiische Personen, welche die Anliegen klar und objektiv erklären können.» Im Fokus

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