Gesund und lustvoll essen Magazin ARTISET 1-2024

28 ARTISET 01/02 I 2024 HF Diplom 3-jährige Vollzeitausbildung Dipl. Aktivierungsfachfrau HF Dipl. Aktivierungsfachmann HF Mehr zum Aufnahmeverfahren unter medi.ch Weiterbildungsangebote für Aktivierungsfachpersonen HF (Ermässigung für SVAT-Mitglieder) Zertifikat FAB Fachperson in aktivierender Betreuung Fachverantwortliche/r in Alltagsgestaltung und Aktivierung Mehr zu den Weiterbildungsangeboten unter medi.ch medi | Zentrum für medizinische Bildung | Aktivierung HF Max-Daetwyler-Platz 2 | 3014 Bern | Tel. 031 537 31 10 | at@medi.ch HÖHERE FACHSCHULE FÜR AKTIVIERUNG AM PULS DER PRAXIS > > AKTIVIERUNG Anzeige Bild gut identifizieren: So wie wir in der Lage sind, den Atem anzuhalten und ein paar Meter unter Wasser zu tauchen, die einen mehr und die anderen weniger, können wir auch den Hunger ignorieren, die einen für eine kürzere, die anderen für eine längere Zeit. Magersüchtige sind in der Lage, immer tiefer zu tauchen. Am Anfang werden sie oft bewundert, erhalten Komplimente und Anerkennung, bis plötzlich den Umstehenden klar wird, dass sich diese in gefährlichen Tiefen befinden. Doch die Magersüchtigen lockt weiter die Tiefe. Den Drang zu atmen erfolgreich zu überwinden, kann Glücksgefühle auslösen und das Gefühl von Kontrolle und Sicherheit vermitteln. Doch es kommt der Moment, in dem auch ihnen klar wird, dass es gefährlich wird, und sie wieder auftauchen sollten. Hier kommt die Ambivalenz ins Spiel: «Ich weiss, es ist gefährlich, aber was wäre, wenn ich noch weiter hinunterginge?» Viele Betroffene tragen zudem metaphorisch eine Tauchbrille. Sie schafft eine Art Tunnelblick, der ihre Perspektive verändert und sie dazu bringt, sich intensiv auf vermeintliche Defizite und Unzulänglichkeiten zu konzentrieren. In meinen Beratungsgesprächen teile ich diese Metapher regelmässig mit meinen Klientinnen. Oft können sie mir präzise zeigen, wo sie sich in diesem Bild befinden: ob sie noch im Abtauchen sind, sich im Umkehrpunkt befinden oder bereits im Aufstieg sind. Einen anstrengenden Weg auf sich nehmen Die Metapher ermöglicht es mir, meine Rolle als Beraterin aufzuzeigen, ich bin die Begleiterin beim Auftauchen. Dieser Prozess ist schwierig, da das Auftauchen allein noch nichts an den bestehenden Wetterbedingungen ändert, den eigentlichen Gründen, warum die Magersucht eine so vertraute Begleiterin geworden ist. Gleichzeitig wird die Bedeutung des Atmens deutlich, um den Stürmen und Unwettern über der Wasseroberfläche standhalten zu können und wieder die schönen Momente des Lebens geniessen zu können. Die zentrale Frage, die sich aus dieser Metapher ergibt, lautet: «Warum sollte ich überhaupt auftauchen? Was motiviert mich dazu, diesen anstrengenden Weg auf mich zu nehmen?» Leas Motivation, aufzutauchen, ist, wieder Kraft und Energie zu haben, um nach dem Gymnasium zu studieren, auf Reisen zu gehen und später eine Familie zu gründen. Ihre grösste Angst ist, nicht zu genügen, nicht wahrgenommen zu werden und nicht liebenswert zu sein. Ihr Bedürfnis nach Anerkennung, Wertschätzung und Liebe ist absolut verständlich, jedoch ist es wichtig, dass sie erkennt, dass eine Magersucht dafür nicht die Lösung ist. Regeln und Verbote Um so tief abzutauchen, folgen Magersüchtige inneren Regeln. Lea erlaubte sich, nur Gemüse, Salat und einige Obstsorten zu essen. Joghurt und Quark etwa lösten bereits ein schlechtes Gewissen aus. Brot, Teigwaren, Zucker, Fettiges und vieles mehr standen auf der Verbotsliste. Ausserdem hatte sie viele Verhaltensregeln, wie nicht vor 12 Uhr zu essen. Brach sie eine dieser Regeln, stürzte sie in ein tiefes Loch und kompensierte es mit noch strengerem Nahrungsentzug oder Sportübungen in ihrem Zimmer. Leas Regelwerk ähnelt den Erfahrungen, die ich mit vielen Klientinnen mache. Gesunde Nahrungsmittel werden mit einer gesunden Ernährung verwechselt, während Zucker, Fett und Kohlenhydrate zu Bösewichten erklärt werden. Wichtig ist es, solche Ängste ernst zu nehmen, aber gleichzeitig dabei zu helfen, schrittweise von der rigiden Ernährung zu einer flexiblen, bedarfsdeckenden Ernährung zu gelangen. Da Lea verlernt hat, «intuitiv zu atmen», haben wir vereinbart, dass sie über eine gewisse Zeit hinweg nicht mehr selbst ihre Mahlzeiten auswählt und portioniert, sondern dass ihre Eltern diese Aufgabe übernehmen. Es liegt aber in ihrer Freiheit zu entscheiden, ob und wie viel sie isst. In ihrem Essverhalten soll sie sich dabei von ihren Zielen leiten lassen und nicht von ihrem inneren Zwiespalt. Auf diese Weise überlegt sie nicht mehr, was und wann sie essen soll, sondern wozu. Sie kann wieder lernen, was normale

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