Magazin ARTISET_9-2022_Politische Partizipation

36 ARTISET 09 I 2022 Fehlanreize zu eliminieren, die durch unterschiedliche Finanzierungen im ambulanten und stationären Bereich entstehen, was die Entwicklung eines ganzheitlichen Systems der integriertenVersorgung verhindert. Hier existiert bereits eine entsprechende Vorlage, bei welcher der Ständerat hoffentlich demnächst entscheidet, auch die Finanzierung der Pflegeleistungen einzubeziehen. Das alles genügt aber sicher noch nicht. WosehenSiediezentralenProbleme? Höchli: Ein grosses Problem besteht darin, dass sich der Bund respektive die Krankenversicherer einerseits und die Kantone andererseits die Verantwortung hin- und herschieben, besonders in den Bereichen Demenz und Palliative Care. Neben der Pflege im engeren Sinn erfordern diese Bereiche auch viel Betreuungsarbeit. Bei der Pflege ist die Finanzierung aufgeteilt auf Krankenversicherer und Kantone, bei der Betreuung hingegen ist diese den Kantonen überlassen. Berechnungen des Bundes aus dem Jahr 2016 zeigen, dass die Kantone die Steuern um 10 Prozent erhöhen müssten, um die künftigen Kosten der Langzeitpflege und -betreuung zu stemmen. Was schlagen Sie vor? Höchli: Wir müssen auch Zusatzfinanzierungen prüfen. Zum Beispiel mit einer befristeten Erhöhung der Mehrwertsteuer. Ich sage bewusst befristet: Das Wachstum der pflegebedürftigen Menschen wird uns vor allem in den nächsten 20 bis 30 Jahren beschäftigen. Wenn man eine breit abgestützte Einnahmequelle sucht, erachte ich eine solche Erhöhung der Mehrwertsteuer für eine gute Option. Leser: Bei der Beurteilung der Kosten braucht es aus meiner Sicht auch eine volkswirtschaftliche Betrachtungsweise. Die Generation ab 65 Jahren trägt mittels Steuern viel zum Gemeinwesen bei. Die Kosten, die ja erst im hohen Alter anfallen, muss man diesen Einnahmen gegenüberstellen. Damit relativiert sich die Kostenfrage. Die Verteilkämpfe um öffentliche Gelder werden sich in den nächsten Jahren akzentuieren. Zudem hat die Langzeitpflege gegenüber der Akutmedizin einen schweren Stand. Was ist zu tun? Höchli: Die Akutmedizin hat es einfacher. Sie nützt der ganzen Bevölkerung, vom Säugling bis zum alten Menschen. Zahlreiche Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter setzen sich dafür ein, dass diese Anliegen erfüllt werden.Verschiedene Branchen, allen voran die Pharmabranche, können hier zudem viel Geld Um die nötigen Strukturen aufzubauen, braucht es den entsprechenden politischen Willen. Diese Forderung stellen Artiset-GeschäftsführerDaniel Höchli (l.) sowie Markus Leser, Mitglied der Artiset-Geschäftsleitung und Geschäftsführer des Branchenverbands Curaviva. Foto: esf

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