Bedürfnisgerecht bauen

52 ARTISET 03 I 2023 einen Professor, der nach dem Eintritt ins Pflegeheim mit seinem «Rollenverlust» haderte. Er zog sich zu Beginn stark zurück und wirkte unglücklich. Durch Gespräche konnte eine tragfähige Beziehung aufgebaut und Wertschätzung vermittelt werden. Es entstand ein Vertrauensverhältnis, und ich konnte ihm erklären, dass es in mehreren Gruppen vielseitig interessierte Menschen gibt. Er nahm daraufhin am Gedächtnistraining teil, das wir auf Wunsch der Bewohnenden als Weltreise gestaltet haben. Er erlebte innerhalb der Gruppe Anerkennung und konnte so nach und nach wieder eine sinnstiftende Rolle finden. Viele Menschen in den Heimen leben mit einer fortschreitenden Demenz: Wie funktioniert die Aktivierung hier? Ganz wichtig ist es hier, biografische Informationen zu sammeln und Angebote zu kreieren, die daran anschliessen. Bei einer fortgeschrittenen Demenz müssen Aktivitäten individuell in handhabbare Schritte aufgegliedert werden. Die Aktivierung sucht nach Kompensationen, damit sich die Menschen selbst bei grossen Einschränkungen als selbstwirksam erleben können und nicht mit ihren Defiziten konfrontiert werden. Wo und wie verorten Sie den Beruf der Aktivierungsfrauen respektive -männer innerhalb der Gesundheitsberufe? Nach der WHO ist Gesundheit ein Zustand von körperlichem, sozialem und geistigem Wohlbefinden. Wenn man Gesundheit ganzheitlich versteht, können Aktivierungsfachpersonen einen wichtigen Beitrag leisten, damit Menschen sich als gesund erleben können. In den verschiedenen Aktivitäten beziehen sie ihr Fachwissen zur Pathogenese, Gerontologie, Psychiatrie und Psychologie gezielt mit ein. Wie erleben Sie die Anerkennung von Aktivierungsfachpersonen in den Institutionen? Eine Reihe von Institutionen versteht die Aktivierung als wichtigen Bestandteil der Begleitung. Einerseits können durch die Aktivierung die vielfältigen Bedürfnisse von alten Menschen abgedeckt werden, und andererseits entlastet sie die Pflege. Aufgrund der zunehmenden Multimorbidität der alten Menschen im Alters- und Pflegeheim wird nicht nur die Pflege komplexer, sondern auch die Betreuung. An den Ausbildungsstandorten gibt es vonseiten der Institutionen eine steigende Anfrage nach Ausbildungsplätzen. Die Betreuungstaxen in den Institutionen sind allerdings knapp bemessen, und zudem können diese nicht nur für die Aktivierung verwendet werden… Aus solchen Gründen setzen Institutionen in der Aktivierung immer wieder auch Freiwillige oder andere Fachpersonen ein. Diese müssten aber zumindest durch diplomierte Aktivierungsfachperson begleitet und unterstützt werden. Zudem ist vielen Aktivierungsfachpersonen nicht bewusst, dass sie auch KVG-pflichtige Leistungen erbringen. Gemeinsam mit Besa Qsys sind wir jetzt dran, entsprechende Weiterbildungen zu konzipieren. Dies erfordert eine gute Zusammenarbeit mit der Pflege: Wie beurteilen Sie diese? Aktuell Manuela Röker ist Co-Präsidentin des Schweizerischen Verbands der Aktivierungsfachfrauen und -männer. Foto: Privat

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